Essays, Tipps und Tricks

Die „Point and Click Technik“ oder „Oh, da ist ein….!“

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Fotos von Eichhörnchen

Die Wortschöpfung stammt von mir:

Point and Click- Technik

Sie beschreibt ein bestimmtes fotografisches Vorgehen.

Das Prinzip der „Point and Click- Technik“ ist einfach. Der Fotograf zeigt begeistert mit seinem Zeigefinger auf das Objekt seiner Begierde, zielt mit der Kamera und drückt ab.

Wertfrei betrachtet handelt es sich bei der „Point and Click- Technik“ um ein simples fotografisches Vorgehen.

Auch ich gehe manchmal so vor. Schaut euch mal das Foto von dem Eichhörnchen oben an.

Die meisten werden bei der Betrachtung dieses Fotos sagen:

„Oh, ein Eichhörnchen!“

Der eine oder andere würde vielleicht ausführlicher empfinden:

„Oh, das ist aber ein niedliches Eichhörnchen!“

Die wenigsten Betrachter werden wohl philosophisch urteilen:

„Oh, da sehe ich das personifizierte Gute! Es kann keinem Wesen etwas zu Leide tun!“

Oder vielleicht gesellschaftskritisch:

„Oh, ich sehe einen Kulturfolger, der sich nicht mehr angemessen in der Natur mit Nahrung versorgen kann und sich leider in einem Tierpark durchfüttern muss!“

Die beiden letzten Urteile werden vor allen Dingen deshalb keine Chance haben, weil ich bei dem Machen dieses Fotos auch nur gedacht habe:

„Oh, da ist ein Eichhörnchen!“

Genau so ein Foto wollte ich für meinen Sohn machen, als wir das erste Mal im Tierpark Hagenbeck waren. Mein Sohn bekam dieses Foto in sein Fotoalbum gesteckt und dort erfüllt es bis heute seinen Zweck. Ich kann es meinem Sohn zeigen und ihm erklären:

„Das ist ein Eichhörnchen!“

So ein Vorgehen hat eine Daseinberechtigung, wenn das Ergebnis entsprechend beabsichtigt ist. Die Ergebnisse solches fotografischen Vorgehens treffen wir überall: In der dokumentarischen Fotografie, in der Pressefotografie und auch in der modernen Stockfotografie. (Oh, da ist eine freundliche Frau! Oh, da wird Sport gemacht! Oh, da geht jemand ans Telefon!)

Überall dort, wo einfache Botschaften vermittelt werden sollen, kann die „Point and Click- Technik“ den Fotografen glücklich machen.

Problematisch ist dieses Vorgehen nur dann, wenn man eigentlich ein anderes Ergebnis erwartet. Ein Foto, dass mit der „Point and Click- Technik“ erstellt wurde, wird kaum eine Chance haben, gehaltvoll interpretiert zu werden.

Verdeutlichen möchte ich das mal an einem anderen Beispiel:

Ich laufe irgendwo in Indien durch eine Häusergasse und mir läuft eine Kuh über den Weg. Mein Foto von dieser Kuh wird höchstwahrscheinlich abwechselnd gestaltet sein, wenn ich in unterschiedlicher Art und Weise über diese Kuh denke bzw. etwas in ihr sehe.

Ich könnte sagen:

„Oh, eine Kuh!“

Ich könnte aber auch sagen:

„Oh, ein heiliger Gott erscheint mir in Form einer Kuh!“

Als reflektierter Fotograf würde ich mein Foto sicherlich versuchen entsprechend meiner Gedanken und meiner Empfindungen zu gestalten.

Oder noch ein – vielleicht lebensnaheres – Beispiel:

Wenn ich vor habe, einen Sonnenuntergang zu fotografieren, dann wird mein Foto höchstwahrscheinlich nicht viel mehr Aussage haben als:

„Oh, das ist aber ein schöner Sonnenuntergang!“

Natürlich sind Sonnenuntergangfotos toll und vom Lebenspartner wertgeschätztes Geburtstagsgeschenk.

Wünsche ich aber ein Foto mit einer umfassenderen Botschaft, so komme ich Wohl oder Übel nicht umhin, etwas ausführlicher an einem fotografischen Objekt zu arbeiten. Ich muss versuchen, etwas in diesem Objekt zu erkennen. Und wenn ich dieses Etwas darin erkannt habe – und nur dann – habe ich auch die Chance dieses Foto entsprechend zu gestalten.

Erwartet also von einem in der „Point and Click- Technik“ aufgenommenen Foto nicht, dass es in der Fotocommunity eures Vertrauens bedeutungsschwangere Kommentare generiert. Hochtrabende Kommentare zu meinem obigen Eichhörnchenfoto würde ich niemals dem Erfolg meines fotografischen Vorgehens zuschreiben. Vielmehr würde ich Einschleimversuche unterstellen oder eine beginnende Psychose diagnostizieren.

Euer fotografisches Vorgehen, euer Denken und Handeln bestimmen also maßgeblich das fotografische Ergebnis. Wendet die „Point and Click- Technik“ an, wenn ihr entsprechende Bilder wünscht. Erwartet dann aber nicht, dass die Betrachter darin etwas Besonderes erkennen.

Bildbearbeitung kann diese Arbeit an einem fotografischen Objekt kaum ersetzen. Einem Foto, dass mit der „Point and Click- Technik“ erstellt wurde, kann man nachträglich kaum noch dieses gewisse Etwas hinein shoppen. (shoppen = mit Photoshop bearbeitet)

Eichhörnchenfotos gibt es viele und für Euch wird dieses Foto keine weitere Bedeutung haben, außer in dem Zusammenhang mit diesem Artikel.

Schon in 5 Minuten werdet ihr es vergessen haben.

Anders wird es bei meinem Sohn sein. Der wird sicherlich noch in einiger Zeit bei dem Anblick des Fotos sagen:

„Da!!! Papa!!!“




19 Comments

  1. Pingback: Kinder lernen Fotografie – Teil 01 – 1. bis 2,5. Lebensjahr | Olaf Bathkes Arbeit als Fotograf und Hochzeitsfotograf in Kiel und Hamburg

  2. 2009/08/11 at 13:39

    Tari

    Antworten

    hehe, genau nach diesem Prinzip fotografiere ich – meistens. Zu 90% (ich möchte jetzt nicht übertreiben…) entstehen so meine Bilder.
    Meist wird dann eine Serie fotografiert; zwei, drei Bilder hintereinander.

    Hast genau den “point” getroffen 🙂

    1. Benutzer-Avatar
      2009/08/11 at 15:35

      Olaf Bathke

      Antworten

      @Tari: Hehe, treffendes Wortspiel, viel Spass beim Pointen… 😉

  3. 2009/08/10 at 10:54

    Paul

    Antworten

    Was ist der Unterschied zwischen “Point & Click” und “Point & Shoot”?

  4. 2009/07/29 at 20:21

    Björn Kraus

    Antworten

    Von der vorhergehenden Diskussion abgesehen, würde ich gerne mal erwähnen, dass ich den Artikel durchaus sehr mag, weil er einfach sehr schön deutlich macht, dass Fotos unterschiedliche Funktionen haben können und es eben auf die Absicht des Fotografen ankommt.

    Insofern sieht man hier durchaus, dass Fotos, über die die meisten von einem fotografischen Gesichtspunkt aus nur nörgeln würden, durchaus ihre Berechtigung und für den Fotografen durchaus auch einen Wert haben können.

    Insofern danke für diese erfreuliche Abweichung, wo wir sonst doch immer so nach Perfektion streben…

    1. Benutzer-Avatar
      2009/07/30 at 18:44

      Olaf Bathke

      Antworten

      @Björn: Mein Sohn kann mittlerweile Eichhörnchen sagen… 😉

  5. Pingback: skynex

  6. 2009/06/22 at 09:28

    Jo

    Antworten

    Da kann ich doch glatt mitreden:

    http://www.flickr.com/photos/36513332@N05/3589251454/

    🙂

    Auch nur “Point and Click”, die Sättigung etwas raufgedreht – und schon ein Renner auf Flickr… (Gemessen an meinen bescheidenen Verhältnissen.)

    Für mich hat das durchaus auch einen frustrierenden Aspekt: Es schmälert den Erfolg, den ich mit anderen Bildern habe – die mir selbst einiges bedeuten, bei anderen Betrachtern aber überhaupt keinen Anklang finden.

  7. 2009/06/19 at 12:17

    Markus

    Antworten

    Danke für die Inspiration Olaf 🙂
    Genauso spaßig ist es wohl wenn wir Fotografen mal den Monitor auslassen würden und uns einfach überraschen lassen, was Abends so herausgekommen ist. Quasi Analog mit Verkürzung der Entwicklung 🙂
    VG Markus

  8. 2009/06/19 at 10:19

    Christoph

    Antworten

    @bee
    Kanupolo: Ich mach da gar nichts 😉 Außer am Rand stehen und fotografieren 😉 Aber da sitzen Leute im Kanu und müssen nen Ball ins Tor werfen … gleichzeitig darauf achten, dass sie nicht kentern, den Paddel an den Kopp bekommen und die Gegner kein Tor machen. Wenn ich die Regeln richtig verstanden habe, darf man mit dem Paddel den Ball abwehren, aktiv schlagen glaube ich nicht.

  9. 2009/06/19 at 08:11

    bee

    Antworten

    @Olaf Bathke:
    Das ist auch wieder wahr 😉

    Wobei ich dazu sagen muss, dass wir beide in derselben Fotogruppe sind. Sie also schon weiß, worauf Juroren achten, und womit man – ganz fies gesagt – Punkte machen kann.

    Andrerseits geb ich auch immer Bilder ab, die ICH gut finde. Obwohl mir alle sagen, mit diesem oder jenem Bild hätte ich die Punkte sicher, nehm ich die, die ICH am besten finde. Wobei ich immer als Feedback bekomme, meine Bilder seien zu künstlerisch…

    Hmm jetzt such ich nen schönen Satz, um ein Fazit zu ziehen. Aber mir fällt keiner ein. Kaffee scheint noch nicht zu wirken. Darum lass ich das einfach mal so stehen 😉

  10. 2009/06/18 at 21:50

    Jan

    Antworten

    Am Ende zählt doch nur das es dem Fotografen gefällt. So sehe ich das jedenfalls als Hobbyfotgraf. Ich muss damit nicht mein Geld verdienen und fotografiere aus Spass. Spass, genau das ist es aber was viele vergessen. Neuerdings ist die moderne DSLR-Fotografie irgendwie nicht mehr als ein sogenannter “wer hat den längeren Vergleich!”. Mit deinen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Artikeln schaffst Du auf eine beeindruckende Weise einen Paradigmenwechseln zum eigentlichen Sinn und Selbstzweck des Fotografierens. Wie oder womit fotografiert wurde ist letzendlich egal, Hauptsache es macht Spass und bereitet dem Betrachter Freude. Ich mag deine Artikel, weil sie so ganz anders sind als der meiste Mainstreamist (Sorry für die Ausrucksweise), es macht Freude sich von Dir inspiriren zu lassen und zum eigentlichen Kern der Sache zurück zu kehren. In diesem Sinne Euch allen da draussen gutes Licht und viel Spass.

    Jan

  11. Pingback: OlafBathke

  12. 2009/06/18 at 21:50

    Anne

    Antworten

    Oh, so ein Buch gibt es für meinen Sohn auch noch… Angefangen bei einer Banane und aufgehört irgendwo bei Schnuller (natürlich seinem). Zweck erfüllt!

  13. 2009/06/18 at 21:10

    olaf

    Antworten

    trotz allem, und ohne dass es hochtrabend kommentiert, einschleimend oder psychotisch wirken soll, ein hübsches Foto von einem niedlichen Eichhörnchen. Und wenn dein Sohn daran Freude hat, ist das Ziel doch erreicht.

  14. 2009/06/18 at 11:05

    bee

    Antworten

    Besagtes Foto war nicht wettbewerbstauglich 😉 Noch von oben fotografiert, so dass der Hintergrund nicht unscharf war… nene das zählt als Glücks-Schnappschuss. “Es ist ein Hörnchen drauf”, mehr kann man zu dem Bild nicht sagen.

    Klar, Fotos als Dokumente des eigenen Lebens haben ihre Berechtigung. Und sollen sogar sein! Künstlerische Fotos sind eine Sache. Aber die Fotos, die wir uns in 10 Jahren noch gerne ansehen, werden vor allem die mit Erinnerungswert sein – egal, ob sie jetzt einen goldenen Schnitt haben oder nicht.

    Man sollte nur als Hobbyfotograf diese beiden Fotoarten unterscheiden können, denk ich 😉

    PS: Kanupolo? Ruderst du da und haust nen Ball über’s Wasser? Verwirrt mich grade…

  15. 2009/06/18 at 10:33

    Christoph

    Antworten

    @bee
    Wenn es eine Jury gibt mit Dieter Bohlen vielleicht doch ausreden 😉

    Aber ansonsten … auch solche Fotos sind doch bestimmt Wettbewerbstauglich …

    Wie auch immer: Gute Sache… ich bin letztens beim Kanupolo fotografieren darauf gestoßen: DA ein TOR 🙂 Als nächste Frage kam sofort: Ist es drauf?

    Tja leider musste ich warten, bis die Daten auf der Karte waren … Ich finde “Point and click” sind tolle Dokumente des Lebens 🙂

    1. Benutzer-Avatar
      2009/06/18 at 20:06

      Olaf Bathke

      Antworten

      @Bee: Naja, ich finde, Menschen sollten einschicken, was sie meinen einschicken zu müssen. Die einzigen, die damit ein Problem haben könnten, sollten die Juroren sein…;-)
      @Christoph: Außer man ist ein DB und schöpft aus solchen Dingen einen persönlichen Wert… 😉

  16. 2009/06/18 at 08:35

    bee

    Antworten

    So wahr… eine Fotofreundin hat ein Irgendwas-Hörnchen in irgendeinem Nationalpark fotografiert. Graues Hörnchen auf grauem Stein. Klar, toll, dass sie es erwischt hat. Aber wir konnten ihr einfach nicht ausreden, das Bild in einen Fotowettbewerb zu geben… Hmm ob ich ihr diesen Artikel mal schicke oder sie im Glauben lasse, ein tolles Bild gemacht zu haben!?

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