Making of

Making of: Vision

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02-bandfotos-kielVision

Nicht nur als Fotograf, auch als ehemaliger Sänger, setze ich mich immer wieder mit der Vision als wertgeschätztes, künstlerisches Prinzip auseinander. Es gibt so viele Gemeinsamkeiten in der Musik und der Fotografie, die Vision ist Grundlage fast aller künstlerischen Arbeit.

Das BSB Trio aus Kiel würdigt mit ihrem Debut CD Titel dieses künstlerische Prinzip und benötigt von mir neue Bandfotos. Die Idee einer Spiegelung haben sie einer alten Aufnahme von mir entnommen. Die Band soll sich in einem Flügel spiegeln.

Im Vorgespräch ergründen wir die Bildidee der Spiegelung im Flügel:

  • Warum eine Spiegelung im Flügel?
  • Was hat das mit der Musik der Band zu tun?
  • Was hat das mit der CD und dem Titel “Vision” zu tun?

So bohrend meine Fragen auch sind, so offensichtlich wird, dass es noch Optimierungspotential für die fotografische Strategie der Band gibt.

Das Visionieren könne man durchaus darstellen, wenn man eine Person mit geschlossenen Augen abbilde. Man hätte dann aber immer noch keine konkrete Vision.

Die Vision liege natürlich in der Musik verborgen, so einer der Musiker. Töne bzw. Melodien seien nur schwer darstellbar in einem Foto. Und man wolle dem Zuhörer bzw. Fan natürlich nicht das Erlebnis des eigenen Visionierens nehmen und Visionen vorgeben.

So kam mir dann eine gute Bildidee:

Die drei stehen real hinter einem Flügel, visionieren mit geschlossenen Augen und im Spiegelbild des Flügels zeigt sich eine Vision. Eine Vision, die nicht konkret wird, sondern nur das andeutet, was wichtig ist:

Die Vision steckt in der Musik!

Man bräuchte eigentlich 2 Aufnahmen: Eine von den Personen in der Realität und eine von der Vision im Spiegelbild. Technisch wäre das in einem digitalen Foto nur machbar, wenn ich die beiden Bildideen zusammensetze. Ja, das ist Jazz!

Die drei sind sofort Feuer und Flamme und so ist im Shooting eigentlich nur noch, die Frage der Lichtbedingung zu klären.

Über die technische Umsetzung:

Als Freund von natürlichem Licht gehe ich lieber das Risiko ein, keine knackig scharfen Fotos zu produzieren, schaffe dafür aber mit einer einmaligen Lichtstimmung Authentizität. Menschen, aber auch Musikern, ist es meist nicht eigen, sich in einem Blitzlichtgewitter zu aalen. Der Aufbau von Lichtequipment kostet zudem Nerven, Zeit und somit Geld.

Eine Location ist schnell gefunden. Wir haben Glück, es ist genug Lichtenergie für das Fotografieren vorhanden und wir können auf Blitzlicht verzichten. Aufgrund der Perspektive entscheide ich mich für eine 28mm Festbrennweite. Ich will möglichst viel Spiegelfläche abbilden und die Musiker sollen so wenig wie möglich verzerrt dargestellt werden. Die Verschlusszeit stelle ich fest auf 1/60s, die Blende auf F2,8, die Lichtempfindlichkeit auf ISO 800, wie immer im RAW Modus. Alles bleibt im Grenzbereich der Technik für prägnante Fotos: Mehr ISO würde vermehrtes Rauschen bedeuten, eine langsamere Verschlusszeit die Gefahr von Bewegungsunschärfe und meine Canon Festbrennweite ist mit der Blendeneinstellung an den Grenzen ihrer Möglichkeiten.

Die Kamera wird auf mein stabilstes Dreibein gestellt und akribisch in Position gebracht. Ein Kabelfernauslöser ist Pflicht bei solchen Aufnahmen. So bleibt die Kamera unberührt und lagert ruhig. Die Kamera darf sich zwischen den einzelnen Aufnahmen nicht bewegen. Sonst ist es hinterher schwerer, die beiden Belichtungen zusammenzusetzen. Ein weiterer Vorteil des Kabelauslösers: Ich kann leichter direkten Augenkontakt halten. Mir ist es während des Shootings wichtig, mit den Musikern in Kontakt zu bleiben. Letztendlich ist es Kommunikation, worum es beim Fotografieren geht. Und sehr häufig haben Musiker während eines Shootings gute Ideen, für die man offen sein muss.

02-makingof-visionOptimale Belichtung des Spiegelbildes: Von diesem Foto wird nur die untere Bildhälfte verwendet01-makingof-visionOptimale Belichtung der realen Personen: Von diesem Foto wird nur die obere Bildhälfte verwendet

Der Fokus wird für jede Bildserie neu eingestellt. In diesen Grenzbereichen ist jedes Quäntchen Schärfe und Prägnanz willkommen.

Homogenität vs. Individualität?

Jazz lebt sowohl von dem Zusammenspiel, als auch von der Individualität der Musiker. Deshalb ist bedingungslose Homogenität nicht das Nonplusultra für Jazz Portraits. Lennart (links) bringt während des Shootings sehr früh zum Ausdruck, dass ihn meine Anleitung irritiert. So kommt es auch, dass ich Lennart trotz anfänglicher Anweisung, die Arme hochzunehmen, mit den Händen in der Hosentasche stehen lasse; wie ich finde, mit einer spannenden und authentischen Wirkung.

03-makingof-vision

Die anschließende Bildbearbeitung ist dann nur noch eine Frage von Zeit und Sorgsamkeit. In 2 Ebenen verdecke ich die entsprechende Bildfläche durch eine Ebenenmaske. Dafür schwärze ich mit einem Pinsel die entsprechende Bildfläche auf der Ebenenmaske.

Und nun möchte ich von Dir wissen: Was ist Dir das erste Mal durch den Kopf gegangen, als Du das Foto gesehen hast?




8 Comments

  1. 2009/09/23 at 12:25

    Einauge

    Antworten

    “Lichtempfindlichkeit auf ISO 800, wie immer im RAW Modus”

    Muss ich diese Aussage verstehen?

    1. Benutzer-Avatar
      2009/09/23 at 12:44

      Olaf Bathke

      Antworten

      @einauge:ersetze Komma mit Punkt. Das eine steht in keinem Zusammenhang mit dem anderen. Vielen Dank für den Hinweis

  2. 2009/09/21 at 20:43

    Christian

    Antworten

    Der Flügel war wohl nicht zuklein, eher die Hintergrundrolle :)) Die Linie ist schon sehr störend. Links hast Du eine Ecke und rechts eine Rundung. Lieber Olaf, das guckt leider nicht professionell.

    cu. Christian

    1. Benutzer-Avatar
      2009/09/21 at 20:54

      Olaf Bathke

      Antworten

      @christian: Finde ich nicht 😉

  3. 2009/09/21 at 14:56

    Roland

    Antworten

    Hallo Olaf, eventuell hast du an meiner Meinung Interesse?

    Habe mir jetzt dein “Making of” angesehen und mir überlegt ob dein geschriebenes mit meinen ersten Gedanken übereinstimmt.

    Da die Technik nichts Neues an sich ist, möchte ich ein wenig auf meine Überlegungen eingehen …

    Deine Ausführung sehe ich leider (in deiner Endversion des Bildes) überhaupt nicht.
    Ich hätte bei der Spiegelfläche nicht im geringsten an ein Piano gedacht
    Und ich sehe auch leider keinen großen Zusammenhang auf eine Band bzw. wenn auf eine Musikrichtung (auf den ersten Blick).

    Erst als ich deinen Text gelesen habe, bekam dein Bild eine Aussage.

    Die Andeutung der Bewegungen bzw. der Haltung der Jungs in der Spiegelung
    habe ich erst unten im Bildmaterial gesehen und kann jetzt den Jungs ihr
    Instrument zuordnen (wenn ich es richtig vertsanden habe: Schlagzeug / Piano / Kontrabass oder dergleichen?)

    Die Bewegung ist in meinen Augen in der Endversion nicht recht zu entziffern, weil die Arme einfach zu sehr angeschnitten sind.
    Dadurch, daß ich das Piano nicht erkannt habe – konnte ich auch die Lichtkante (schräg verlaufend beim Schlagzeiger) nicht zu ordnen – was nicht förderlich war für mein Verständnis.

    Ich weiß – kann einfach nur an mir liegen und ich habe die Bildausage nicht verstanden – aber ich konnte deine beabsichtigte Bildaussage nicht erkennen – ich dachte ich schreib dir mal meine wirren Gedanken …
    eventuell interessiert es dich ja – wie das Bild zB. auf mich wirkt.

    Von der Ausarbeitung gibts nix zu mekern – die stimmt perfekt!

    Gruß
    Rol@nd

    1. Benutzer-Avatar
      2009/09/21 at 17:45

      Olaf Bathke

      Antworten

      @ROland: Vielen Dank für Deine Aussagen. Ich glaube, dass der Flügel nicht so erheblich ist, wie die Wirkung des Fotos in dem Setting der Band. Aus den Rückmeldungen weiß ich, dass es neugierig macht und Aufmerksamkeit bindet. Ich stimme Dir zu, dass das Foto, so einfach für sich genommen, nicht so viel Bedeutung hat, wie auf der Homepage der Band.
      @Björn: Es gibt kaum fotografische Techniken, die nicht schon irgendwie angewendet wurden. Und als Stammleser denke ich, ist Dir klar, dass ich genau auf diese Geschichten hinter einem Foto eine Menge Wert lege.
      @Stefan: Ja, die Linie irritiert, aber der Flügel war einfach zu klein… 😉

  4. 2009/09/21 at 08:20

    Stefan

    Antworten

    Nur ganz kurz. Die Idee finde ich gut und das Foto ist auch nicht schlecht. Nur erkennt man nicht auf den ersten Blick, dass es sich um ein Piano handelt. Zudem stört mich auch die Linie, die links im Foto zu sehen ist. Meine Meinung. 😉

  5. 2009/09/21 at 08:44

    Bjöern Kraus

    Antworten

    Coole Montage, war so ziemlich das erste was mir durch den Kopf gegangen ist. Gefolgt von einem “Sowa hast du schon öfters gesehen…” Aber auf jeden Fall super umgesetzt.

    Vor allen Dingen, war es nett und spanend, dass du auf die Bildidee und ihre Entstehung eingegangen bist, anstatt dich nur auf die Technik zu stürzen. Das macht den Artikel gleich deutlich besser als diese null-acht-fünfzehn Anleitungen, die man sonst so oft im Netz findet…

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