Die Entdeckung der Langsamkeit
Hundertsiebzehn Sekunden
Wenn ich mal durch die Foren streife, dann mag ich bei ambitionierten Fotografen ein reges Interesse an schnellen Verschlusszeiten vermuten. Ein Objektiv wird gerne über die Blendengröße und damit über das Ermöglichen von schnellen Verschlußzeiten in widrigen Lichtsituationen bewertet. Kaum ein Fotograf kommt auf die Idee, mal darüber zu diskutieren, eine Objektiv- Qualität anhand der Farbdarstellung, des Kontrastumfanges oder des Rauschverhaltens unter dem Gesichtspunkt von Langzeitbelichtungen zu diskutieren.
Tatsächlich ist die Langsamkeit neben der Schnelligkeit der Auslösung in der Fotografie eine wichtige, äquivalente, gestalterische Möglichkeit.
Bewegungsabläufe lassen sich durch längere Verschlußzeiten deutlich machen. Langsamkeit hilft also interessanterweise auch Schnelligkeit einzufangen.
Langsamkeit ist auch ein wichtiges Prinzip für ein überlegtes fotografisches Handeln. Ich bin der festen Überzeugung, das so ein überlegtes Handeln vielen ambitionierte Fotografen gut bekommmen würde.
Die Beschäftigung mit technischer Langsamkeit möge sich übertragen auf das überlegte fotografische Vorgehen. Das Bewusstwerden von Möglichkeiten hilft, diese Möglichkeiten im fotografischen Alltag tatsächlich zu nutzen.
Die Physik gibt es uns vor: Um eine längere Belichtungszeit zu erreichen, langt es nicht, einfach die Verschlusszeit zu verstellen. Wenn für eine längere Zeit Licht in die Kamera fällt, dann muss man für eine gleichwertige Belichtung irgendwo Lichtenergie reduzieren.
Ich habe Euch deshalb mal eine Liste der Möglichkeiten für eine Reduzierung von Lichtenergie zusammengestellt:
- Man verkleinert die Blendenöffnung und läst dadurch weniger Lichtenergie einfließen. Hier entscheidet die Qualität des Objektivs maßgeblich über die Qualität von Schärfe, Kontrastumfang und Farbdarstellung.
- Man reduziert die Lichtempfindlichkeit. Gerade in der digitalen Fotografie ist die Möglichkeit der Veränderung der ISO Werte eine wichtige Option in der Gestaltung von Fotografien. Man sollte nicht davor zurückschrecken, auch mal auf ISO 50 zu gehen, selbst wenn diese Empfindlichkeit in den meisten Kameras softwareseitig errechnet wird. Dieser Schritt ermöglicht nämlich gestalterische Mittel.
- Man reduziert den Einfall von Licht durch den Einsatz von Filtern. Wer jetzt nur an Graufilter denkt, der denkt nicht weit genug. Für mich ist z.B. der Einsatz eines Farbfilters oder eines Polfilters gerade unter dem Gesichtspunkt des Ermöglichens von längeren Verschlußzeitens eine wichtige Option. Auch solche Filter schlucken Lichtenergie und ermöglichen Langsamkeit, ermöglichen aber auch gleichzeitig die Gestaltung eines Fotos durch die jeweiligen Filtereffekte.
- Man verändert die Lichtbedingungen. Dies erreicht man je nach Art der Fotografie durch die Berücksichtigung der Tageszeit und Wetterbedingungen, durch das Abdunkeln der Örtlichkeiten, das Reduzieren des Kunstlichtes bzw. Blitzlichtes.
Vielleicht hilft Euch diese kleine banale Auflistung, die Langsamkeit in der Fotografie für Euch neu zu entdecken.
Auf Eure Erfahrungen zu dem Thema Langsamkeit bin ich gespannt. Bitte nutzt den Kommentar.
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2009/06/10 at 07:30
Carsti
Das dürfte doch was für Dich sein:
http://abduzeedo.com/29-amazing-long-exposure-pictures
2009/05/06 at 17:20
myers
Ich habe durch den Kauf von MF Objektiven gelernt mich auf das wesentliche zu konzentrieren, damit geht es einfach nicht schnell. Und ich habe einen Wahnsinnsspaß dabei.