Vergrößerungen via Weitwinkel- Objektiv bzw. die Magie des Vordergrundes

Für alle Potter Harrys der fotografischen Spiegelwelt gilt jetzt: Es ist Zauberstunde!

Unsere Lektion heute ist die einfache Vergrößerung von Gegenständen. Ihr benötigt dafür keinen Zauberstab, auch keinen Zauberspruch. Das einzige was ihr dafür benötigt ist eine Kamera und ein Weitwinkelobjektiv.

Viele ambitionierte Hobby- Fotografen nutzen Ihr Weitwinkelobjektiv dazu, „möglichst viel Landschaft einzufangen“. Der Name ist Programm: Weitwinkel = Weite. Weitwinkelobjektive zeichnen sich allerdings nicht nur dadurch aus, dass man durch einen großwinkligen Lichteinfall ein breites Sichtfeld von Landschaft einfangen kann.

Weitwinkel Objektive haben noch eine weitere Funktion, die vielen ambitionierten Fotografen nicht immer bewusst ist.

Die Optik von Weitwinkelobjektiven hat die Eigenschaft, nahe Objekte vergrößert darzustellen und zwar relativ zum Hintergrund.

Oder veranschaulicht ausgedrückt: Weitwinkelobjektive wirken schnell wie eine Lupe, wenn man dichter herangeht.

Um diesen Effekt zu verdeutlichen, habe ich mal ein Hochzeitsfoto rausgesucht. Hier seht ihr einen Jungen, den ich mit einem 15mm Fischauge aufgenommen habe. Die Fliege  und der Kopf wirken im Verhältnis zum Hintergrund vergrößert  bzw. überdimensioniert.

vergroesserungen-mit-weitwinkel-objektiven04Ein Objektiv mit einer Brennweite von 15mm ist, wenn man es so will, ein sehr extremes Weitwinkelobjektiv. Normalerweise arbeitet man in der Landschaftsfotografie oder der Reportagefotografie in Sachen Weitwinkel eher im Brennweitenbereich von 17-35 mm. Das entspricht dem Brennweitenbereich meines Lieblings Objektives, dem Canon EF 17-40mm 4.0 L. Mit diesem Objektiv ist man sowohl mit einer Crop Kamera (40D, 50D, 500D, 1000D u.a. ) oder auch mit einer richtigen 35mm Digitalkamera (z.B. Canon 5D, 5D Mark II und allen Kameras der 1D Serie) auf der sicheren und professionellen Seite. Dieses Objektiv nutze ich gerne für den oben erwähnten Vergrößerungseffekt. Ein Großteil meiner Landschaftsfotos sind mit genau diesem Objektiv gemacht. Ihr müsst es einfach kaufen. 😉

Anders als bei dem oben gezeigten Portrait des Jungen lege ich in der Landschaftsfotografie Wert darauf, dass die Welt natürlich dargestellt wird. Der Zaubertrick für diesen Realismus ist das Verlagern dieses Vergrößerungseffektes in den Vordergrund bzw. in den Randbereich des Bildausschnittes.

Mit Randbereich meine ich, von einem normalen Blick nach vorne ausgehend, den rechte oder linken Bildrand. Als Landschafts- Fotograf nutze ich diesen Effekt im Randbereich allerdings selten.

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In der Landschaftsfotografie nutze ich diesen Vergrößerungseffekt meistens im Vordergrund. Vordergrund fängt in der Landschaftsfotografie mit Weitwinkel immer da an, wo die eigenen Füße noch stinken können: Also ein paar Zentimeter vor unseren Fußspitzen. Objekte im Vordergrund kann man also relativ zum Hintergrund vergrößern, wenn man das Objektiv nahe an dieses Objekt vor meinen Fußspitzen heranbringt. So ein Objekt kann ich der Landschaftsfotografie alles mögliche sein: Ein Stein, ein Ast, eine Welle, eine Brücke, ein totes Tier…

Vielleicht hört sich das ein bisschen trivial an, aber:
Die meisten Fotografen lassen sich gerne von einem grandiosen Panorama ablenken und achten nicht auf das, was vor ihren Füßen liegt. Um solche Objekte zu finden, muss man tatsächlich seinen Blick schulen. Schaut bei der Landschaftsfotografie immer mal wieder auf den Boden. Ist auch besser, weil man so das Unfallrisiko durch Stolpern verringert. Das ist ernst gemeint, ich spreche in diesem Blog immer aus Erfahrung: Informationen aus erster Hand oder soll ich in diesem Falle sagen Fuß…

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Nur nicht drüber stolpern…

Objekt und Objektiv, nun müsst ihr aufmerksam lesen:

Zunächst müsst ihr also so ein Objekt für den Vordergrund finden. Dann könnt ihr mit dem Zaubern bzw. mit dem Vergrößern beginnen. Geht mit dem Objektiv dicht heran und kontrolliert immer wieder die Präsenz des Hintergrundes. Für die Gestaltung des Bildausschnittes empfiehlt sich das Arbeiten mit einem Dreibein. Mit einem Dreibein könnt ihr Euch viel Zeit bei der Einstellung des Bildausschnittes nehmen. Meine Bandscheibe liebt das Dreibein.vergroesserungen-mit-weitwinkel-objektiven03

Ohne Dreibein läßt es sich hier nur schwer komponieren…

Problem Schärfentiefe
Die technische Qualität Eures Objektivs wird die technische Qualität des Bildes und somit die Bildschärfe bestimmen. Dreht die Blende ordentlich auf: Ab f8 bis f10 bekommt unser Zauber erst die richtige Schärfe. Dann nämlich könnt ihr den Vordergrund scharf stellen, ohne das der Hintergrund verwaschen wirkt.

Wenn das Foto schlecht ist, dann seid ihr also zu dicht dran…

Moment mal, hieß das nicht anders?

Nein, in diesem Fall ist es tatsächlich andersherum: Ab einer bestimmten Nähe zu dem Objekt bekommt ihr Probleme mit der Schärfe des Vordergrundes bzw. mit der Schärfe des Hintergrundes. Tatsächlich kommt ihr nicht darum herum, die Grenzen Eures Objektivs in Sachen Schärfe und Schärfentiefe auszuloten. Mit der Zeit entwickelt ihr aber dafür ein Gespür. Und Gespür in Verbindung mit Sichtkontrolle ist besser, als jede Berechnung der Hyperfokalen Distanz.

Der Vergrößerungseffekt wirkt besonders gut, wenn das fotografierte Objekt im Bildausschnitt weit vom Bildmittelpunkt entfernt ist.

Nicht das ihr mich jetzt missversteht:
Wer jetzt denkt, dass der Vergrößerungseffekt stärker ist, wenn das Objekt weit vom Bildmittelpunkt entfernt ist, der irrt gewaltig. Tatsächlich ist das einzig entscheidende Kriterium für den Vergrößerungseffekt der Abstand des Objektes von dem Objektiv.

Da der Vergrößerungseffekt nur im Verhältnis zu dem Hintergrund wirkt, müsst ihr auf den Hintergrund genau so Acht geben, wie auf den Vordergrund. Eine Platzierung des Objektes in den Vordergrund hat vor allen Dingen den Vorteil, dass mehr Platz zum Vergrößern des Objektes ist, ohne dass man den Hintergrund durch die Dimensionen des vergrößerten Objektes verdeckt.

Wenn ihr das nächste Mal fotografieren geht, dann nehmt Euch doch mal vor, auf diesen Vergrößerungseffekt zu achten und versucht ihn gestalterisch umzusetzen. Nicht nur ich bin auf Eure Erfahrungen gespannt. Eure Erfahrungen helfen jedem anderen Leser dieses Artikels. Schreibt darüber in dem Kommentar oder setzt einen Trackback zu Eurem Blog.

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