HDR Fotografie Teil 8: Kreative Aspekte von HDR Verfahren
Kommen wir nun zu dem Bereich, der mich am meisten an dem Thema HDR interessiert. Welche kreativen Aspekte in der Fotografie stehen in einem Zusammenhang mit HDR Verfahren?
Manipulation!? Pfui oder huij? Oder: Zuviel des Guten?
Warmes Winterlicht
Eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme ist: Waren die Farben tatsächlich so?
Ich erkläre mir die Häufigkeit dieser Frage immer wieder mit den schwelenden Ängsten alter analoger Fotografen, die um den Wert der Wahrheit ihrer Arbeit fürchten. Die Angst vor dem Werteverfall einer bearbeitenden Aufnahme ist völlig unbegründet, wenn die Bearbeitung einer Vision dienlich ist. Und doch ist die Angst allgegenwärtig. Dabei ist Ehrlichkeit in der Vision wertvoller, als Ehrlichkeit in den Gegebenheiten. So nennt sich der weltberühmte Andreas Gursky selbst eher einen Maler, als einen Fotografen. Und wenn man mal ehrlich ist, Ansel Adams war einer der ersten großen Manipulatoren der Fotowelt. Und die Manipulatoren hatten Erfolg damit, haben Fotokunstgeschichte geschrieben. Was allerdings nicht im Umkehrschluss bedeutet, dass man mit Manipulationen automatisch Erfolg hat oder gar berühmt wird. HDR lädt zum Experimentieren mit Farben ein.
HDR oder Filter?
HDR bietet sicherlich Vorteile, wenn Grauverlaufsfilter mit Ihren gerade Verläufen nicht nur einen Horizont begrenzen. HDR Verfahren ermöglichen in diesem Falle überhaupt eine Fotos! Wir sehen es bei diesem Foto sehr deutlich:
Ein Motiv mit Grenzen: Ein Grauverlaufsfilter würde unweigerlich das Haus abdunkeln. Bei Sonnenschein hätte man mit einem sehr hellen Himmel Probleme, eine Zeichnung in den Himmel zu bekommen
Haben HDR- Bilder überhaupt einen kreativen Wert?
Wie viel Kreativität schreibt die Fotografie mit ihren analogen Wurzeln der Bildbearbeitung überhaupt zu? Ich finde diese Frage überflüssig: Die Bildbearbeitung und Aufbereitung, sei es analog oder digital, kann ein Element sein, kreative Prozesse zu ermöglichen und verhelfen, Visionen darzustellen. Natürlich haben HDR Verfahren einen kreativen Wert und Nutzen.
Helligkeit und Dunkelheit!
Ist Helligkeit oder Dunkelheit in einer fotografischen Zukunft unerwünscht? Muß man sie wegmachen?
HDR Verfahren helfen, Dinge sichtbar zu machen, die mit alten Verfahren noch nicht zu sehen waren. Dabei geht es auch um Dinge die das Auge erkennen bzw. der Mensch abstrahieren kann.
Bei der Fragestellung um die Ausblendung von Schatten oder Helligkeit durch HDR Verfahren gibt es kein Richtig oder Falsch. Was wäre die Portraitfotografie ohne den Einsatz von Schatten? Was wäre der Mensch, ohne seine dunklen Seiten?
Was wäre die fotografische Welt ohne Highkey und Lowkeyaufnahmen? Die Menschen sprechen von über- oder unterbelichteten Bildern, wenn sie mit einer Belichtung nicht zufrieden sind.
Die Abschaffung oder der gezielte Einsatz von Dunkelheit oder Helligkeit kann einzig nur von einer Frage gesteuert sein: Ist sie einer fotografischen Vision dienlich oder nicht?
Viele Details bzw. Ruhe im Bild
Eine fehlende Ausdifferenzierung in den Höhen und Tiefen eines Bildes kann durchaus erwünscht sein, weil so u.U. überflüssige Reize aus einem Bild herausgenommen werden. Frei nach dem Motto, weniger ist mehr.
Viele oder wenige Details ersetzen aber immer noch keine fotografische Vision. Das Herausbilden einer Vision wird schwieriger, da mehr Reize im Sinne einer Vision gestaltet bzw. geformt werden müssen. Außerdem ist es schwieriger die fertige Vision einer HDR Bearbeitung in einem Kamerasucher zu abstrahieren, wenn man sie nicht konkret sehen kann. Die gezielte Belichtung eines HDR Bildes ist also nicht einfach.
Ich möchte mal behaupten, dass die vielen Reize eines HDR Bildes die Ursache für die erhöhte Aufmerksamkeit ist, die man mit einem HDR Bild erwirken kann. Und da der Mensch Stille gut findet, setzt auf Dauer eine selektive Wahrnehmung ein, diese verdrängt die Reize und HDR Bilder werden dann bedeutungslos. (Ich empfehle in diesem Zusammenhang meinen Essay: Fotografie: Das Komponieren von Stille)
Ist in HDR Fotografien überhaupt noch Platz für Ehrlichkeit?
Auch als Freund von ungewöhnlichen Lichtsituationen fehlt mir häufig Ehrlichkeit in HDR Fotos.Oftmals scheint es, dass der HDR- Fotograf seine Unfähigkeit, mit besonderen Lichtsituationen umgehen zu können, durch übertriebene HDR Bearbeitung kaschiert. Das sind vor allen Dingen Fotografen, die ihre Bearbeitungsmethoden nicht offen legen, gar ein Geheimnis daraus machen. Hier hat Unehrlichkeit System. Ein Foto erhält schon einen enormen Wert, wenn man das Gefühl hat, das einem Ehrlichkeit begegnet. Der Wert sinkt rapide, wenn man erfährt, dass man belogen wird.
Der Wert von HDR Bildern
Technische Spielereien verleiten die Menschen, sich nur mit diesen technischen Aspekten zu beschäftigen. Das geschieht in den meisten Fällen auf Kosten der kreativen Aspekte der fotografischen Arbeit.
Der Wert eines Fotos reduziert sich schnell, wenn es nur um den Effekt geht, da diesen Effekt jeder quasi auf Knopfdruck erzeugen kann. Es tauchen immer mehr Fotos auf, die sich ähnlich sind. Fotografische Geheimrezepte in der Bildbearbeitung kann keiner im WEB 2.0 lange Zeit geheim halten.
Das Bedürfnis nach HDR Aufnahmen ist da. Selbst in namhaften Printmedien, die sich vor noch nicht allzu langer Zeit sehr von der digitalen Manipulation abgegrenzt haben, findet man immer häufiger HDR Bilder. Ich entdecke jedoch selten Fotos, die ohne einen HDR Effekt irgendwie eine Bedeutung oder einen Wert hätten.
HDR hat bereits Einzug gehalten!
Mit offenem Auge und Wissen über die Möglichkeiten von einfacher Bildbearbeitung kann man es in vielen Portfolios erkennen: HDR hat Einzug gehalten in die moderne Fotografie. Es gibt Fotografen, die sich mit einem HDR-lastigen Portfolio großer Beliebtheit erfreuen. Spannend finde ich, dass viele Fotografen, die sehr auf HDR Fotografie setzen, sich nicht explizit zu HDR Techniken bekennen. Und die Amateurwelt rätselt: Wie kann man nur so geniale Fotos machen? Unterhaltsam sind da zum Teil die Antworten anderer Amateure.
Wie macht man solche Bilder?
Diese Frage ist häufig zu finden in Foto Foren! In den meisten Fällen zielt sie darauf ab, Bilder zu kopieren, so zu sein, wie der fotografische Star, den man vergöttert. Jeder Fotograf, der ernsthaft an Weiterentwicklung interessiert ist, sollte sich eher die Frage stellen: Was fasziniert mich an dieser Aufnahme und warum fasziniert es mich? Wie kann ich mir dieses Besondere für meine Arbeiten zu Eigen machen?
2012/02/22 at 17:51
Alfred
Habe mit Interesse deinen HDRI Effex Pro Film gesehen.
Gefällt mir sehr gut.
Nun habe ich gelesen das diese Software Nikons NEF nicht im vollen Umfang unterstützt.
Stimmt das?
MfG Alfred
Pingback: HDR Bilder vom Starnberger See
2010/03/22 at 15:41
Björn Kraus
Schöner runder Artikel. Und ich bin mal wirklich gespannt, wie sich die Diskussion in Puncto Ehrlichkeit hier weiterentwickelt.
Ich für meinen Teil, finde schon das du da Recht hast. Bei einem Nicht-HDR-Bild sind wir es schließlich auch gewohnt, die Aufnahmeparameter den Exif-Daten zu entnehmen. Andererseits findet man auch selten Hinweise vom Fotografen, bezüglich seiner sonstigen Bildbearbeitung.
Dennoch finde ich auch, dass es angenehmer ist, wenn jemand seine Arbeitsmethodik kenntlich macht und somit klar ist, wie in etwa ein Bild entstanden ist. Dies dürfte vor allem einigen Laien dabei helfen, nicht ständig über der Technik zu grübeln und stattdessen wieder kreativ zu sein…
2010/03/22 at 19:37
Olaf Bathke
@Björn: Das ist ein interessanter Gedankengang. Leider glaube ich, dass das bei den meisten nur dazu führen wird, Fotos zu kopieren. Ich hatte letztens eine Mail, wo ich gefragt wurde, ob jemand eine Bandfotoidee von mir kopieren könnte. In dem Gespräch wurde mir mal wieder deuhttps://www.olafbathke.de/fotograf-kiel-blog/wp-admin/edit-comments.php#comments-formtlich, wie blöd das eigentlich ist, gute Fotos ins Netz zu stellen und wie einfältig andere Leute an das Fotografieren herangehen. Die Person meinte, ich solle doch froh sein darüber, wenn meine Fotos so gut sind, dass alle die kopieren!
2010/03/19 at 12:24
Einauge
>>Ein Foto erhält schon einen enormen Wert, wenn man das Gefühl hat, das einem Ehrlichkeit begegnet. Der Wert sinkt rapide, wenn man erfährt, dass man belogen wird<<
Da Du so viel von Ehrlichkeit schreibst, fangen wir damit an: Meinst Du mit "man" dich persönlich? Wenn ja, warum schreibst Du das nicht?
2010/03/19 at 13:26
Olaf Bathke
@einauge: Ich verstehe Deine Anmerkung nicht! Ein unbestimmtes Indefinitpronomen kann natürlich auch meine Person meinen! Erkläre mal bitte ein bisschen genauer, was Deine Anmerkung in Bezug auf Ehrlichkeit meint!?
Pingback: fotokasten
2010/03/15 at 22:58
Manuela
Was genau meinst du mit Ehrlichkeit in der HDR Fotografie?
Warum sollte ein Fotograf seine Bearbeitungsmethoden offen legen und wem sollte er sie darlegen?