Für das Dilemma bei der Tour de France gibt es meines Erachtens nur eine Lösung. Man spaltet den Wettbewerb in zwei Lager:
- Die einen dürfen dopen und reinschmeißen, wie und was sie wollen.
- Die anderen dürfen nur Müsli zu sich nehmen und müssen sich kompromisslos überprüfen lassen.
Es ist müßig darüber nachzudenken, bei welchem Rennen wohl die höchsten Einschaltquoten wären.
Auch die Fotografie kennt Wettbewerbe und hat damit ihre Problemchen.
Bildmanipulation ist ein böses Wort und ein Synonym für diese Problemchen. Das Wort schreibt sich allerdings schneller, als zu erklären ist.
Im lesenswerten Blog von Ralf-Jürgen habe ich eine interessante Diskussion zu dem Thema Bildmanipulation gefunden.
Die Gesellschaft Deutscher Tierfotografen (GDT) fordert neuerdings bei Ihren Wettbewerben das Einreichen von RAW Daten zur Verhinderung von Bildmanipulationen. Ich zitiere mal:
“Letztlich ist eine sichere Kontrolle hinsichtlich digitaler Manipulation nach dem heutigen Stand der Technik nur möglich, wenn die RAW-Datei vorgelegt wird.”
Darüber sind nicht alle Mitglieder entzückt!
Wer nun denkt, dass sich da die Photoshopkünstler der GDT zu Wort melden, der irrt gewaltig. Nein, man macht sich um die Mitglieder Sorgen, die (noch) im JPG- Format fotografieren und die dadurch quasi ausgeschlossen werden.
Die GDT steht für eine „authentische Naturfotografie“, möchte Bildmanipulationen verhindern und hat für die Bestimmung dieser Manipulation ihre Kriterien in einer PDF –Datei zusammengetragen.
Wer bei der Durchsicht dieser PDF Datei an Kleingärtnerei denkt, der ist ein Schelm.
Das Ganze ist tatsächlich kein einfaches Thema. Ich habe die Kriterien der GDT mal für Euch zusammengefasst:
Verboten sind:
• Entfernen von Objekten n.a. Entfernen von störenden Ästen von Tieren oder Teilen von Tieren,
• Hinzufügen von Objekten n.a. Hinzufügen von z.B. Flügelspitzen bei Vögeln, Hinzufügen von Tieren oder Gruppen von Tieren,
• Digitale Farb- und Kunstfilter n.a. Farbveränderungen durch vorgefertigte Fotofilter in Adobe
• Photoshop oder Zusatzfilter
• Schärfentiefenerweiterung
Erlaubt sind:
• Chromatische Abberation
• DNG- Dateien als RAW Dateien: Erlaubt, wenn die Kamera zur Aufzeichnung von Rohdaten ausschließlich DNG erlaubt
• Mehrfachbelichtungen: Aufnahmen, die am gleichen Ort und zu annähernd gleichen Zeit zum Zweck der Doppelbelichtung entstanden sind, Aufnahmen, die „In- Kamera„ als Doppelbelichtungen gemacht wurden
• Entrauschen: Selektives Entrauschen des Hintergrundes (in Maßen)
• Farbsättigung
• HDR: Auf dem Stativ wurde ein Belichtungsreihe erstellt, bei der auf den Himmel und auf den Vordergrund belichtet wurde und diese Aufnahmen wurden zur Bewältigung des Kontrastumfangs zu einer Aufnahme zusammengesetzt
• Kontrast, Tonwerte und Gradation
• Panoramen und zusammengesetzte Bilder
• Schärfen
• Schwarzweiß
• Selektives Schärfen
• Stempeln
• Tiefen / Lichter
• Verzeichnungskorrektur
• Vignettierungen entfernen
• Weißabgleich und Farbbalance
Einigen Einträgen der Positiv Liste schreibe ich deutlichen Manipulationscharakter zu. So finde ich Tiefen und Lichter Bearbeitungen, HDR Bearbeitungen bzw. Weißabgleich und Farbbalance sehr grenzwertig im Sinne einer Manipulation.
In der Auflistung dieser Kriterien wird ein Dilemma deutlich. Es gibt keinen Wahrheitsanspruch, wenn jemand die Kriterien für – durch Bildbearbeitung – „manipulierte“ Fotos festlegt.
Der GDT ist das auch klar, deshalb hat sie bei fast jedem Eintrag der Positiv Liste Negativbeispiele angefügt, die mit dem Adjektiv “extrem” beginnen.
Die GDT hat deutlich analoge Wurzeln und baut mit ihren Strukturen darauf auf. Das ist auch gut so. Wenn man aber akribisch versucht, die analogen Manipulationsmöglichkeiten auf die digitale Fotografie zu übertragen, dann bekommt man Konflikte.
Die Zukunft holt die Menschen mit Ihren eigenen Bildern ein, wenn man sich zu sehr an der Vergangenheit festklammert.
Die Auflistung der GDT zollt dem Tribut und geht einen Schritt in die richtige Richtung. Die GTD wird allerdings mit dem Adjektiv “extrem” so ihre Probleme bekommen und einer fotografischen Wahrheit kaum gerecht werden.
Ich sage: Ein digitales Foto ist immer bearbeitet und somit manipuliert!
Andere, größere und bekanntere Wettbewerbe wie zum Beispiel die International Photography Awards (früher Pilsener Urquell Awards[aktuell überarbeitet worden und einen Besuch wert]) gehen in eine andere Richtung. Da gibt es neben der Rubrik Nature auch die Rubrik Digitally Enhanced.
Natürlich benötigt ein Wettbewerb Regeln und es ist auch gut, dass es unterschiedliche Regeln gibt, quasi einen Wettbewerb der Wettbewerbe.
Das Wort Manipulation unterstellt dem Gegenüber zunächst einmal eine böse Absicht. Ich glaube, das ist es auch, was mich an der ganzen Sache stört.
Dieses Misstrauen ist es auch, was der Tour de France am Ende das Rückrad brechen wird. Eine Positiv Liste an Medikamenten und strenge Kontrollen sollen suggerieren: Hier geht alles sauber zu!
Trotzdem schallt es aus Volkes Maul: „Kann mir doch keiner erzählen, die sind doch alle nur gedopt!“
Meine persönlichen Grenzen in der Bildbearbeitung sind eher praktischer Natur. Nicht immer habe ich Lust, so lange vor dem Bildbearbeitungsprogramm zu sitzen. Und entweder gefällt mir am Ende ein Foto oder eben nicht.
Fertig bearbeitete Fotos zeige ich auch gerne meiner Frau. Die sagt mir dann wiederum, ob ihr das Foto gefällt oder nicht. Oft diskutieren wir über die Natürlichkeit von Farben. So auch geschehen, bei dem obigen Foto. Links war meine ursprünglich Bearbeitung. In der Mitte seht ihr die, von meiner Frau abgenommene Endfassung, rechts die reine und ehrliche, die einzig wahre RAW Abbildung.
Ich wünsche der GDT weiterhin so wundervolle Siegerfotos in Ihren Wettbewerben, wie man sie auch in den letzten paar Jahren zu sehen bekam. Es bleibt zu hoffen, dass tolle JPG Aufnahmen auch darüber hinaus ein Publikum finden.
Wie sieht es bei Euch aus: Könntet ihr Euch nur von Müsli ernähren? Und, bei welcher Variante der Tour de France würdet Ihr einschalten?